“Adliswil will die Reservezone Lätten in eine Mischzone ändern und plant darauf eine Sackgasse mit Industrie, Wohnen und Gewerbe“

Die Stadtbehörde von Adliswil plant die Reduzierung der Industriezone im Sood und deren Verlegung mit entsprechender Vergrösserung in das heute landwirtschaftlich genutzte Gebiet Lätten. Der Lätten ist Teil der grünen Lunge Zimmerberg und liegt am nördlichen Ende der Gemeinde Adliswil, oberhalb der Autobahn mit Grenzen zu Kilchberg und Zürich. Es ist im heute gültigen Richtplan als Reservezone ausgeschieden (künftiges Siedlungsgebiet). Eine Umzonung aus einer heute grünen Reservezone wird aus umweltpolitischen Gründen wie Biodiversität, Erderwärmung, Bodenversiegelung, Grundwasserspiegel und raumplanerischer Gesetzgebung (RPG) zunehmend schwieriger, ist aber in Ausnahmesituationen nach wie vor möglich. Damit eine Umzonung erfolgen kann, muss die beantragende Gemeinde den Nachweis erbringen, dass die Voraussetzungen für eine Umzonung gemäss Raumplanungsgesetz erfüllt sind. Das Stadtentwicklungskonzept der Stadt Adliswil sieht vor, auch in Zukunft eine gute Mischung für Wohnen und Arbeiten anzubieten und führt diesen Grundsatz in den Neubaugebieten Dietlimoos-Moos und der Sunnau fort. Das Lätten-Gebiet wird im Entwicklungskonzept als Reservezone für kommende Generationen zurückgestellt.

Das Industriegebiet Sood, in der die zur Umsiedlung vorgesehenen Unternehmen heute tätig sind, ist in vielen Jahren organisch gewachsen und demzufolge richtigerweise im heute gültigen Regionalen Richtplan als Industriegebiet eingetragen. Das Gebiet liegt in der Nähe der SZU-Bahnhaltestelle Sood-Oberleimbach und ist eingebettet zwischen der SZU-Bahnlinie und der Sihltalstrasse. Der Zugang zur Sihltalstrasse ist für Industrie und Gewerbe ausgezeichnet. Zudem besteht ein Industrie-Gleisanschluss, der die Umsetzung der allgemeinen politischen Stossrichtung „Verlagerung der Gütertransporte von der Strasse auf die Schiene“ ermöglicht. Der Industriestandort im Sood wird allgemein als ideal beurteilt. Auf eine Interpellation aus dem Jahr 2017 betreffend Landreserven antworteten die Stadt-Behörden:

„Die vom Grossen Gemeinderat am 4. März 2015 festgesetzte Nutzungsplanänderung beinhaltet die Einzonung der Reservezone Dietlimoos-Moos mit einer Fläche von 9.9 ha. Weitere Einzonungen von Bauland sind gegenwärtig nicht geplant. Im rechtskräftigen Zonenplan ist im Gebiet “Lätten”, nördlich der Autobahn, eine zweite Reservezone mit rund 19.7 ha ausgeschieden. Diese kann einer zukünftigen Generation als Bauland dienen. Bauzonen sind gemäss Art. 15 Raumplanungsgesetz (RPG) grundsätzlich so festzulegen, dass sie dem voraussichtlichen Bedarf für 15 Jahre entsprechen. D.h. welches Bauland den nächsten Generationen zur Verfügung stehen wird, kann erst dann festgelegt werden.” Diese Zeit ist noch lange nicht abgelaufen.

Und die Zürcher Planungsgruppe Zimmerberg (ZPZ) wird wie folgt zitiert:

„Die Zürcher Planungsgruppe Zimmerberg (ZPZ) hat, gestützt auf den erwarteten anhaltenden Siedlungsdruck im Raum Zürich, für die Gemeinden Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung vorgenommen. Für die Stadt Adliswil wird ein Anstieg der Bevölkerungszahl von gegenwärtig 18‘381 (2014) auf rund 19‘680 im Jahre 2020 und rund 21‘780 im Jahre 2030 prognostiziert. Diese Prognosen entsprechen einem eher moderaten Bevölkerungswachstum von 1%. Rund 1‘000 Personen werden sich im Gebiet Dietlimoos-Moos ansiedeln (Anm.: ohne Sunnau). Der übrigen Nachfrage nach Wohnraum ist mit der baulichen Verdichtung im Bestand zu begegnen. Das effektive Bevölkerungswachstum war in dieser Zeit deutlich tiefer.

Raumplanungsgesetz: Der Boden muss haushälterisch genutzt werden
(Art. 75 Abs. 1 BV und Art. 1 Abs. 1 RPG).

Dem Gesetz entsprechend ist die Siedlungsentwicklung nach innen geboten. Neueinzonung und die Neuüberbauung von zusammenhängenden unüberbauten Gebieten kommen nur noch in seltenen Ausnahmefällen in Betracht –  Das Gebiet Lätten zählt nicht dazu. Seit der RPG-Revision vom 15. Juni 2012 ist die Neuzuweisung von Land zu einer Bauzone daher nur noch unter stark erschwerten Bedingungen möglich und insbesondere davon abhängig, dass das betreffende Land „auch im Fall einer konsequenten Mobilisierung der inneren Nutzungsreserven in den bestehenden Bauzonen voraussichtlich innerhalb von 15 Jahren benötigt“ wird (Art. 15 Abs. 4 Bst. b RPG) – Diese Voraussetzung ist beim Lätten nicht erfüllt.

Die Stadt Adliswil begründet die Neueinzonung damit, dass sie im Gebiet Sood den Industrie- und Arbeitsplatzanteil verringern und daher kompensatorisch im Gebiet Lätten jene schaffen will. Von einer konsequenten Mobilisierung der inneren Nutzungsreserven kann keine Rede sein. Die Reduktion bzw. Aufgabe von Arbeitsplatzgebieten in der bestehenden Bauzone käme höchstens in Betracht, wenn Ersatz innerhalb der bestehenden Bauzone geschaffen würde. Auch ein allfälliger Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten für Arbeiten und Wohnen könnte und müsste gemäss Art. 15 RPG innerhalb der bestehenden Bauzonen von Adliswil oder allenfalls benachbarter Gemeinden geschaffen werden. – Beim Gebiet Lätten handelt es sich um ein Gebiet, dessen Erhaltung und somit Freihaltung unter vielfältigen Aspekten geboten ist: 

Erholung
Das Gebiet Lätten ist ein beliebtes und attraktives siedlungsnahes Naherholungsgebiet für die Bevölkerung der angrenzenden Teile von Adliswil, Kilchberg und Zürich. Durch eine Unterführung unter der Autobahn hindurch, wie sie bereits angedacht ist, wird seine Attraktivität für die Bevölkerung von Adliswil auf der gegenüberliegenden Seite der Autobahn gar noch gesteigert. 

Trennfunktion
Der langgezogene Grünstreifen Lätten ist ein willkommener und notwendiger, siedlungsinterner Trenn- und Gliederungsgürtel im zusammenhängenden Siedlungsgebiet von Adliswil, Kilchberg und Zürich.

Natur und Lebensraumvernetzung
Das Gebiet Lätten ist bedeutend für die Natur, und zwar sowohl für die Flora als auch für die Fauna. Einerseits ist es selber ein wichtiger Lebensraum für seltene und vom Aussterben bedrohter Pflanzen und Tiere, besonders hervorzuheben ist dabei das Feuchtgebiet im westlichen Teil des Gebiets. Anderseits ist es wichtig für die Vernetzung, insbesondere als Verbindung zwischen dem mehrheitlich bewaldeten Gebiet Entlisberg im Nordwesten sowie den Vernetzungskorridoren gemäss regionalem Richtplan im Norden und Nordosten einerseits und dem Freihaltegebiet gemäss kantonalem Richtplan und anschliessenden Grüngebieten im Süden.

Landschaft und Landschaftsvernetzung
Das Gebiet Lätten ist sodann auch wichtig als attraktiver Landschaftsraum sowie – in Anlehnung auch an die Trenn- und Naturfunktion (siehe oben) – als Bindeglied für die landschaftliche Vernetzung.

Landwirtschaft
Das Gebiet Lätten ist überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Selbst wenn es angesichts der derzeit noch zu zurückhaltenden Festlegung von Fruchtfolgeflächen noch nicht für die Landwirtschaft benötigt werden sollte, so muss seine landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche auch in Zukunft im Gesamtinteresse landwirtschaftlich bewirtschaftet werden, weshalb bei der nächsten Revision der Nutzungsplanung nicht nur die Festlegung einer Freihaltezone, sondern zumindest teilweise auch die Festlegung einer kommunalen Landwirtschaftszone im Betracht kommt. 

Verkehr
Das Gebiet Lätten ist durch den öffentlichen Verkehr völlig ungenügend erschlossen. Ein Neubaugebiet dieser Grösse käme in verkehrspolitischer Hinsicht nur in Betracht, wenn eine leistungsfähige S-Bahn-Station in nächster Nähe bestünde aber unter den übrigen Aspekten selbst dann nicht. Dazu kommt, dass das in Betracht kommende Strassensystem, das dem Individualverkehr und dem strassengebundenen öffentlichen Verkehr dient, eine weitere massive Belastung nicht verkraften könnte, wie sie bei einer Überbauung des Gebiets Lätten zu erwarten wäre.

Das Vorhaben der Behörden der Stadt Adliswil ist somit in keiner Art und Weise eine zukunftsorientierte Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Klima-Politik.

Zudem ist der Nachweis für die Erfüllung der Voraussetzungen einer Um- / Einzonung ist nicht erbracht, denn:

  • Bestehende und als solche auch ausgeschiedene und somit geeignete Arbeitsplatz- und Industriegebiete sollen gemäss Raumplanungsgesetz und Richtplänen erhalten bleiben
  • die Industrie im Sood ist zonengerecht, seit Jahrzehnten organisch gewachsen, integriert und als Standort verkehrstechnisch ideal gelegen
  • eine Verknüpfung der Quartierentwicklung Sood mit einer „notwendigen“ Industrie-Überbauung Lätten herzuleiten ist nicht statthaft
  • Beim Gebiet Lätten handelt es sich um ein Gebiet, dessen Freihaltung unter vielfältigen Aspekten geboten ist
  • Das prognostizierte Bevölkerungswachstum ist mit dem neuen Subzentrum Dietlimoos-Moos und Sunnau auf mind. ca. 15 Jahre gesichert
    (Anm.: das aktuelle Wachstum ist sogar tiefer als in der Prognose angenommen)

Fazit

Die Stadtplaner von Adliswil wollen das Sood-Quartier verändern. Die heutige Industriezone im Sood soll deshalb reduziert werden. Als kompensatorischer Ersatz dafür soll das Gebiet Lätten dienen. Das Gebiet ist aber eine der letzten grossen und für Mensch, Tier und Fauna wertvollen Landreserven in Adliswil. Der Lätten ist heute Reservezone und darf nicht ohne Not kompensatorisch eingezont werden (siehe RPG). Umsiedlungen müssen innerhalb bestehender Bauzonen vorgenommen werden. Sind solche Zonen innerhalb einer Kommune nicht vorhanden, sind Lösungen  in anderen Bezirken, Gemeinden oder im Kanton zu suchen.

Mit der durch die Stadt Adliswil beantragten Lätten-Umzonung und deren Begründung werden das Raumplanungsgesetz, die verschiedenen Richtpläne, das bestehende Stadtentwicklungskonzept und die erwähnte Antwort auf die Interpellationsanfrage ad absurdum geführt. Das darf nicht sein und deshalb setzen wir uns für den Schutz des Lätten mit viel Herzblut und ehrenamtlichen Engagement ein!